INTERPRETATION BIRGT RISIKEN TEIL 2

Wie im Beitrag "Interpretation birgt Risiken" ausgeführt, können mittels Verfahrensanweisung und Verfahrensbeschreibung Unstimmigkeit reduziert werden. Spannend ist die Frage nach der Umsetzung einer Verfahrensanweisung in der Praxis. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Bewertung der zu bearbeitenden Oberfläche. Die DIN EN ISO 12944 beispielsweise fordert eine Prüfung der optischen Reinheit, des Oberflächenprofils und der chemischen Reinheit.
 

Bei Oberflächenvorbereitungsgraden verweist die DIN EN ISO 12944 auf Verfahrensanweisung und Verfahrensbeschreibung zu Erwartungen und damit verbundenen Verpflichtungen. Gemeint ist ein "Inspection and Test Plan", der die Überwachung zur Umsetzung von Verfahrensanweisung und Verfahrensbeschreibung regelt.  Die DIN EN ISO 12944 umfasst auch Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit und Umweltschutz. Der Kunde darf überprüfen – der Auftragnehmer muss gemäß DIN EN ISO 12944 umsetzen. Ähnlich "Verfahrensanweisung – Verfahrensbeschreibung – Kontrolle" bei der Lagerung von Beschichtungsstoffen: Vorgegeben wird eine Temperatur von +3 °C bis +30 °C, die eingehalten, gemessen und protokolliert werden muss. Anfallende Kosten sollten für die Einhaltung der DIN EN ISO 12944 nicht gescheut werden.
Statt auf Selbstverständlichkeit verlässt man sich auf dem Bau lieber auf Verfahrensanweisung und Verfahrensbeschreibung. Zum Thema Beschichtung sagt die DIN EN ISO 12944: "Zu behandelnde Oberflächen müssen sicher zu erreichen und gut ausgeleuchtet sein."
Bei der von DIN EN ISO 12944 geforderten Helligkeit ist das messbar: solange der Vorgang der Messung sowie das Ergebnis fachgerecht durchgeführt und kontrolliert werden. Die Vereinbarung über die "sichere Erreichbarkeit" muss von den Parteien selbst in der Verfahrensbeschreibung festgelegt werden. Der erste Arbeitsschritt ist dann die Schichtdickenmessung. Die Norm verweist auf die ISO 19840. Das heißt in der Praxis: Vor jeder Schichtdickenmessung muss ein Korrekturwert (in der Regel 25 µ) abgezogen werden unter zusätzlicher Beachtung der 80/20-Regel. Darüber hinaus wird eine Nassschichtdickenmessung gefordert mit einem Taupunktabstand zur Oberfläche von 3 °C. Das Messen und Prüfen inklusive Kalibrierung ist neben der Verfahrensanweisung und der Oberflächenvorbereitung ein elementarer Bestandteil der Korrosionsschutzausführung. 
 

Messgeräte müssen gemäß DIN EN ISO 12944 regelmäßig geprüft, kalibriert und gewartet, Messergebnisse dokumentiert werden. Die Kalibrierung wird in der Regel von Kalibrierungslaboratorien durchgeführt. Die Justierung ist, vereinfacht ausgedrückt, die Einstellung der Anzeige. Bei der Schichtdickenmessung meint das das Verwenden von kalibrierten Prüffolien zur Einstellung der Messgeräte. Ein neutrales Kalibrierungslabor gibt hier Handlungssicherheit und erspart ein selbstständiges Auseinandersetzen mit den Anforderungen und Vorschriften einer Kalibrierung.
Zur Überwachung der in der DIN EN ISO 12944 genannten Applikationsverfahren fordert die Norm „qualifiziertes und erfahrenes Personal". Das gilt für alle Phasen von Reinigung und Prüfung des Vorbereitungsgrades bis hin zu Erfassen von Klimadaten und mehr. Die Qualifikation des überwachenden Personals kann durch eine allgemein anerkannte Zertifizierung wie FROSIO, NACE, DIN CERTCO nachvollziehbar gemacht werden und sollte in der Verfahrensanweisung und Verfahrensbeschreibung mit dem Kunden im Voraus vereinbart werden. Bei der Beurteilung der Beschichtung beschreibt die DIN EN ISO 12944 zerstörungsfreie oder zerstörende Prüfungen. Eine vorhergehende eindeutige Verfahrensanweisung und Verfahrensbeschreibung darüber, was und wie geprüft werden soll, ist nützlich.  Genauigkeit ist also eine wichtige Voraussetzung von Verfahrensanweisungen und Verfahrensbeschreibungen, wenn die Norm uneindeutig formuliert. Eine fachkundige Aus- und Weiterbildung des Personals sichert das ausführende Unternehmen zusätzlich ab. Sodass am Ende Klarheit und Sicherheit die Norm sind.