Die DIN EN ISO 14731 stellt viele verantwortliche Schweißaufsichtspersonen vor Fragen. Wird die Vorgängernorm abgelöst oder ergänzt? Wie genau hängen Kompetenzniveau und Risikoanalyse zusammen? Der erste Teil unserer Blogreihe zur DIN EN ISO 14731 beschäftigt sich mit ihrer Historie.
Wenn verantwortliche Schweißaufsichtspersonen das erste Mal mit der Norm DIN EN ISO 14731: 2019 in Kontakt kommen, fragen sie sich oft, inwiefern eine Unterscheidung zur Vorgängernorm besteht. Titel und Inhalt scheinen gleich. Was hat sich also geändert? Gelten neue Kompetenzniveaus? Ist eine Risikoanalyse nun fester Bestandteil der Norm? Eine genauere Betrachtung gibt Aufschluss für Hersteller und verantwortliche Schweißaufsichtspersonen. Doch zunächst: ein Blick zurück, um die genauen Anforderungen und den Kontext zu verstehen.
Schon sehr früh wurde mit der Einführung der Produktnorm DIN 4100: 1933 von Herstellern sowie Fachingenieuren – heute: verantwortliche Schweißaufsichtspersonen – gefordert, „gründliche Kenntnisse und praktische Erfahrungen [in] Statik, […] Stahlbau und […] Schweißtechnik“ zu besitzen. Zudem sollten Schweißarbeiten von einem Fachingenieur des Auftragnehmers (= Hersteller im heutigen Sinne der DIN EN ISO 14731) überwacht werden. Von „Verantwortung“ war damals noch nicht im wörtlichen Sinn die Rede, diese ergab sich aber durch die Verweise auf die entsprechenden Paragrafen des Reichsstrafgesetzbuches sowie des BGB.
Die produktunabhängige Normenreihe DIN 8563 ff. und ihre Ergänzungen durch verschiedene Produktnormen stellten erstmals allgemeingültige Anforderungen an verantwortliche Schweißaufsichtspersonen.
Diese Normenreihe wurde dann wiederum durch die DIN EN 719 teilweise abgelöst, die erstmals auch den Hinweis auf „Verantwortung“ enthielt. Im Anhang gab es einen zusätzlichen Verweis auf die Empfehlungen für Ausbildung, Prüfung und Zertifizierung von verantwortlichen Schweißaufsichtspersonen durch den Europäischen Verband für Schweißtechnik. Letztere wurden zunächst auch in die DIN EN ISO 14731: 2006 übernommen. Bedingt durch die bei CEN- und ISO geltenden Compliance-Regeln mussten diese Empfehlungen dann mit der Neuausgabe der DIN EN ISO 14731: 2019 entfallen.
Der Begriff der Kompetenz, den es vorher so nicht in der schweißtechnischen Normung gab, wurde als Ersatz für den Begriff der Qualifikation eingeführt, -. Begriffsgeber von deutscher Seite war dann der „Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR): 2008“.
Zeitliche Abfolge der einzelnen Normen mit Anforderungen an verantwortliche Schweißaufsichtspersonen
Mit der DIN EN ISO 14731 wurden neben der Änderung der Begrifflichkeiten Kompetenz statt Qualifikation jedoch auch die Anforderungen an die Hersteller neu definiert. Folgende neue Aufgaben ergeben sich somit aus der DIN EN ISO 14731 für Hersteller und somit auch für Arbeitgeber:
- Auswahl des erforderlichen Kompetenzniveaus
- Festlegen des erforderlichen Ausbildungs-, Qualifikations- und Erfahrungsniveaus
- Nachweis der Kompetenz
- Nachweis der Erfahrung
- Benennung der verantwortlichen Schweißaufsichtsperson
- Erstellen von Arbeitsplatzbeschreibungen für alle Schweißaufsichtspersonen inkl. Aufgaben, Verantwortung sowie Umfang der Befugnisse
- Auswahl der Aufgaben des Schweißaufsichtspersonals aus Anhang B und/oder wie beispielsweise in Anwendungsstandards und anderen Dokumenten festgelegt
Durch die Einführung der DIN EN ISO 14731 müssen sich Hersteller gleichzeitig bewusst darüber sein, dass das Erlangen eines schweißtechnischen Kompetenzniveaus nicht länger an den Nachweis allgemeiner technischer Kenntnisse gebunden ist.
Die Norm selbst gibt darüber hinaus keinen Aufschluss mehr über das Qualifikationsprogramm gemäß IIW-Richtlinien. Zur Bestimmung von Kompetenzniveaus ist das Hinzuziehen von Produkt- oder anderen Normen mit konkreten Vorgaben daher essentiell und muss vom Hersteller von Beginn an mitbedacht werden. Das Festlegen eines Kompetenzniveaus hängt dabei maßgeblich von den Folgen ab, die der Ausfall des geschweißten Bauteils verursacht. Für den Hersteller bedeutet dies, dass er das Kompetenzniveau nur anhand einer Risikoanalyse ermitteln kann.
Für Hersteller, die mit der DIN EN ISO 14731 konfrontiert sind, ist es essentiell, dass sie sich mit den Begriffen „Kompetenz“ und „Qualifikation“ frühzeitig auseinandersetzen. Nur so können sie die notwendigen Schritte für die Benennung einer „verantwortlichen Schweißaufsichtsperson“ einleiten, die über die geforderte Kompetenz auch tatsächlich verfügt.
Im zweiten Teil unserer Blogreihe zur DIN EN ISO 14731 erfahren Sie mehr über den Begriff der Kompetenz.