Auch, wenn man es anders erwartet: Normen wie zum Beispiel die DIN EN ISO 12944 sind nicht immer eindeutig formuliert. Um Missverständnisse zwischen Auftraggeber und ausführenden Unternehmen im Qualitätsmanagement zu vermeiden, ist es wichtig, sich darüber bewusst zu werden.
In weiteren Schritten sollten die Interpretationsspielräume gefunden und zwischen den Parteien in Form einer Verfahrensanweisung schriftlich definiert werden. So hat man eine rechtliche Grundlage, wenn es zu Problemen kommen sollte – und gewährt ein sauberes Qualitätsmanagement.
Die DIN EN ISO 12944 gehört zur alltäglichen Praxis. Auf den ersten Blick scheint alles eindeutig, doch bei genauerer Betrachtung der sieben konzentrierten Seiten (DIN EN ISO 12944) finden sich durchaus Beschreibungen mit Definitionsspielraum.
Ein scheinbar klar verständlicher Satz in Teil 7 der DIN EN ISO 12944 wie: „Mit dem Aufbringen von Beschichtungssystemen auf Stahlbauten beauftragte Unternehmen und ihre Mitarbeiter müssen in der Lage sein, die Arbeiten fachgerecht und betriebssicher auszuführen. Arbeiten, die im Hinblick auf ihre Ausführung besondere Sorgfalt erfordern, dürfen nur von entsprechend qualifiziertem Personal ausgeführt werden“ kann etwa bei den Begriffen ‚fachgerecht‘ und ‚betriebssicher‘ zwischen Auftraggeber und ausführendem Unternehmen zu verschiedenen Interpretationen führen. Eine schriftliche Verfahrensanweisung hilft: Im Streitfall gibt es eine klare Referenz zu den Anforderungen an die Ausführung.
Ein gutes Qualitätsmanagement sollte das immer berücksichtigen.
Fachgerechtes und betriebssicheres Arbeiten obliegt natürlich zunächst dem ausführenden Strahler, Schleifer, Entfetter oder Beschichter: Ihre Qualifikationen in ihrem Arbeitsfeld sind ausschlaggebend – neben dem Qualitätsmanagement und dem genauen Umsetzen des definierten Auftrags. Doch wie misst man das? Schnelltests nützen bei Beschichtungen wenig, da sie die über die Appearance hinausgehenden langfristigen Eigenschaften nicht abbilden. Auch die gängige Praxis, Produkteigenschaften vor einer Serienfertigung auszutesten und während der Produktion Prüfparameter für eine Ergebnisanalyse zu entwickeln, fassen hier zu kurz. Ohne eine klare Verfahrensanweisung liegt die Auslegung beim ausführenden Mitarbeiter. Um zu verhindern, dass Vereinbarungen ohne Verfahrensanweisung auf beiden Seiten zum eigenen Vorteil ausgelegt werden, bedarf es einer detaillierten, schriftlichen Verfahrensanweisung mit entsprechender Ergebnisdokumentation. Eine qualifizierte Verfahrensanweisung gehört letztlich ohnehin zu einem sauberen Qualitätsmanagement. Teil 7 der DIN EN ISO 12944 fordert explizit eine solche Verfahrensanweisung für jeden einzelnen Prozess in der Beschichtung – und macht sie somit zur Norm! Die scheinbare unnötige, zusätzliche Arbeit zahlt sich aus, denn die Verfahrensanweisung spart bei Abnahme oder Problemen allen Parteien Zeit und Geld.
DIN EN ISO 12944 empfiehlt die gleiche Deutlichkeit in Absprachen bezüglich des Qualitätsmanagements zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer in allen Arbeitsschritten von der Oberflächenbewertung bis zur Qualifikation des Personals. Was das im Einzelnen bedeutet und woraus ein gutes Qualitätsmanagement besteht, erfahren Sie im unserem nächsten Teil unserer Blogreihe zum Thema „Interpretation birgt Risiken“.